10.09.2022Home Office go home!
Ein Plädoyer für die Arbeit im Büro.
1. Home-Office ist egoistisch
Wer proklamiert das Home Office? Bänkerinnen, Verwaltungsbeamte, Imobilienmaklerinnen. Ihnen ist es möglich remote zu arbeiten. Bäcker, Lehrerinnen und Krankenpfleger hingegen pendeln heute und in Zukunft. Der Wunsch, die Arbeit im Pijama verrichten zu können, lässt andere Berufsleute die Augen rollen. Viele Berufe erfordern physische Präsenz. Es wäre verheerend, wenn sie gegenüber Remote-Arbeitsplätzen an Attraktivität einbüssen.
2. Die Mär der Effizienz 1/2
«Zuhause bin ich effizienter!» – Ist (persönliche) Effizienz wirklich das Mass der Dinge? Wollen Menschen den Job möglichst schnell erledigen? Nur um dann noch mehr Zeit für noch mehr Aufgaben zu haben?
Ablenkung bedeutet Störung und damit Zeitverlust. Aber mein Unterbruch und meine Hilfe ermöglicht der Kollegin vielleicht ein Problem zu lösen. Die gegenseitig Unterstützung mag für den einzelnen Effizienzverlust bedeuten. Für das Team und die Gesellschaft bedeutet es Mehrwert und Gewinn.
3. Die Mär der Effizienz 2/2
«Zuhause bin ich effizienter!» – Warum? Weil man nicht unterbrochen wird? Das klappt auch im Office: Push-Mitteilungen ausschalten, E-Mail-Browser beenden, freies Sitzungszimmer besetzten und/oder Kollegen über die «Auszeit» informieren. Und bestimmt ist dafür das Verständnis im Büro grösser als daheim.
4. Vonwegen Ablenkung
Machen wir uns nichts vor. Zuhause lockt die Waschmaschine, die Joggingstrecke, der Rasenmäher. Es braucht Disziplin, straffe Abgabetermine und Struktur, um den Pflichten im Home nicht nachzugeben und nachzugehen.
5. Braucht es mehr Frei-Raum?
Welchen «Raum» braucht man fürs Office zu Hause? Einen Küchentisch? Oder das Zusatzzimmer? Wer kann und will sich das leisten? wer kommt für die Kosten auf? Im Betrieb teilen wir uns Drucker, Scanner oder Bildschirme. Raum- und Hardware-Sharing ist nicht nur sozial und ökonomisch sinnvoll, sondern auch ökologisch.
6. My Home is my castle
Fokuszeit heisst es beim iPhone. Feng Shui lehrt: lese nicht im Bett. Zuhause sollten wir nicht arbeiten. Nicht um Mitternacht, nicht am Wochenende, nicht zu Arbeitszeiten. Es ist ein Ort der Nicht-Arbeit (Ok. Die Hausarbeit muss leider sein.)
7. Der Mensch, der Nachahmer
Wenn Kooperation und Kommunikation Kompetenzen sind, welche die nächste Generation entwicklen soll, dann dürfen wir sie nicht in den Kinderzimmern bei Zoom-Meetings ausbilden. Sie müssen in die Unternehmen und mit Menschen zusammenarbeiten, beobachten, nachahmen und es – wenn immer möglich – besser machen. Lernende brauchen physische Präsenz.
8. Raus aus dem Haus
«Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freuden, Schönheit und Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!» Wenn Wilhelm Busch auch nicht das pendeln meinte; unterwegs und im Büro passiert‘s. Geht raus, trefft Menschen, erlebt Neues!